St.
Johannis in Herford Bereits
im 9. Jahrhundert, also kurz nach der Gründung der Herforder Abtei wurde
auf dem Gelände der späteren Neustadt bei der Siedlung der "homines
ecclesiae", der Kirchenhörigen, ein Friedhof angelegt. Bei
Bauarbeiten in den Jahren 1906 und 1925 fand man Baumsärge aus jener Zeit
unter den Fundamenten der Johanniskirche. 1906 wurde auch eine steinerne
Lamm-Gottes Darstellung in den Turmfundamenten gefunden. Dieser Fund wird
in das 11. oder 12. Jahrhundert datiert und wird als Indiz für die
Existenz einer Kapelle angesehen, urkundlich nachgewiesen ist solch ein
Bau aber nicht. |
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Das älteste erhaltene Glasfester des Chores ( Stationen aus dem Leben Jesu ) wird auf 1320/25 datiert. Ein weiteres Fenster des Chores stiftete wohl um 1350 Heinrich Stur (Stör) . Er wird in zahlreichen Urkunden zwischen 1338 und 1373 genannt. Er war Kirchmeister, Leiter der Bauarbeiten an der Kirche und außerdem wird er als Bürgermeister der Neustadt erwähnt. Das Wappen des Stifters, drei Fische mit einem gemeinsamen Kopf, sind im Fenster angebracht, außerdem kommt es, in Stein gehauen, auch noch am Turm vor. 1414 war für die Pfarrkirche St. Johannis ein wichtiges Jahr. Auf Anordnung des Papstes Johannes XXII, wurde das Chorherrenstift St. Dionysius aus Enger ( gegründet 947 durch Königinwitwe Mathilde, Ururenkelin Widukinds) an die Herforder Johanniskirche verlegt. ( Die Zeiten waren sehr unsicher, Enger besaß im Gegensatz zu Herford keine Befestigung, so waren die Chorherren in den Herforder Mauern sicherer aufgehoben.) Seit der Verbindung mit dem Dionysiusstift wurde die Kirche nun "St. Johann und Dionys" genannt. Die Stiftsherren aus Enger brachten die ( angeblichen ) Gebeine des Sachsenherzogs Wittekind mit nach Herford, außerdem den Kirchenschatz aus Enger, mit den wertvollen Taufgaben von Kaiser Karl, dem Großen, an Wittekind. Das trug natürlich zum Ansehen der Johanniskirche bei. |
Die Umwandlung der einfachen Pfarrkirche in eine Stiftskirche brachte dann auch im Inneren einige Veränderungen. Es wurde nun der Chor durch eine Schranke oder sogar durch eine Lettner (Lettner (lat. lectionarium = Lesepult), Scheidewand zwischen dem Chor (für die Kleriker) und dem Mittelschiff (für die Laien). Seit dem 13. Jh. üblich. Der Lettner hat einen oder mehrere Durchgänge und eine über Treppen zugängliche Bühne (für die Sänger) mit einer Brüstung. Auf dieser steht das Lesepult, das der Anlage den Namen gab und von dem aus Epistel und Evangelium verlesen werden. Die meisten Lettner wurden nach dem Mittelalter zerstört, weil sie den Blick auf das Messopfer verwehrten.) von der Gemeinde abgetrennt. Außerdem wurden für die zahlreichen Priester Seitenaltäre für stille Messen und Gebete eingerichtet. 1430 wurde der Turm noch erhöht. Er war mit fast 90 m Höhe der höchste Kirchturm der Stadt Herford. 1907/08 wurde der Turm bei Renovierungs-/Umbauarbeiten um ein Stockwerk gekürzt. Heute ist er mit 73 m Höhe immer noch der höchste aller Herforder Kirchtürme. Während der Reformation wurden alle Einrichtungsgegenstände aus der katholischen Zeit aus der Kirche entfernt ("Herforder Bildersturm" 1532). Danach wurde die Kirche im neuen evangelisch -lutherischen Geist wieder eingerichtet. Betritt man heute die Kirche, so sollte man folgende Gegenstände/Ausstattungen nicht übersehen. *
Die Chorraumfenster: das mittlere ( um 1500 ) stellt eine große
Kreuzigungsgruppe dar; |
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Das Lesepult ( li.) ist leider nur eine Kopie aus dem
Jahre 1909. Das Original, aus der Zeit vor 1300, wurde 1878 für
nur 300 Mark an das Berliner Kunstgewerbemuseum verkauft. Zu der gleichen
Zeit wurde auch der gesamte Dionysiusschatz, den die Chorherren aus Enger
mitgebracht hatten, nach Berlin gegeben. |
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Quellen:
P. O. Walter: Herfords historische Kirchen im Bild; Herford 1993 DKV Kunstführer Nr. 399/3 ; St. Johannis in Herford; München W. Schuler: Die Neustädter Johanniskirche in Herford; Herford, 1978 |